Was Gastronomen zu schaffen macht

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Bernd Baumgärtel hält seine Preise trotz gestiegener Einkaufspreise. Er fürchtet, sonst seine Gäste zu verlieren. Für Astrid Peiker, Chefin der Glückauf-Brauerei Gersdorf, hat die Qualität der Produkte Priorität. Auf weniger hochwertige Zutaten umzusteigen, ist für sie deshalb auch bei Preiserhöhungen keine Option.

Ob Schweinefleisch, Frittieröl oder Malz – im Moment wird alles teurer. Wie gehen Gastronom, Brauereichefin und Imbissbetreiber mit den Preissteigerungen um?

Ein Unglück kommt selten allein. Zuerst haben Coronabeschränkungen die Gastronomie mit voller Wucht getroffen. Jetzt machen Preiserhöhungen das Geschäft nahezu unkalkulierbar. Die Auswirkungen und der Umgang mit der Situation unterscheiden sich je nach Branche. Bernd Baumgärtel und seine Frau Christiane sind als Gaststättenbetreiber eine Institution in Ernstthal. Seit 1991 führen sie „Baumis Speisebar“ als Familienunternehmen. Schwierige Zeiten gab es schon vor Corona. „Am schlimmsten war es 1998, als die Straße wegen Bauarbeiten ein halbes Jahr gesperrt war“, erinnert sich das Ehepaar. Damals war das Lokal für die Kundschaft nicht erreichbar. Die jetzige Situation ist eine Herausforderung ganz anderer Art: „Die Großhändler arbeiten nur noch mit Tagespreisen. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ein Kilo Schweinefleisch in einer halben Woche noch so viel kostet wie heute“, so Baumgärtel. Zweimal wöchentlich fährt der 64-Jährige zum Großmarkt, um seine Waren selbst abzuholen. Anlieferung wäre noch teurer. Dabei trifft der klassische Aufreger bei den gestiegenen Preisen „Baumis Speisebar“ nicht einmal besonders: „Der Preisanstieg beim Frittieröl ist für uns nicht so extrem spürbar. Wir haben immer schon teureres Öl verwendet.“ Hochwertige Zutaten sind für Baumgärtels unverzichtbare Voraussetzung für gutes Essen. „Leider werden Lebensmittel in Deutschland zu wenig geschätzt.“ Die große Unbekannte liegt für Baumgärtels an anderer Stelle: „Wie sich Betriebskosten bei Gas, Wasser oder Strom entwickeln, kann man momentan noch gar nicht abschätzen.“ „Die Großhändler arbeiten nur noch mit Tagespreisen. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ein Kilo Schweinefleisch in einer halben Woche noch so viel kostet wie heute.“ Bernd Baumgärtel Küchenmeister Christiane Baumgärtel freut sich, dass zumindest ein paar Zutaten sie nicht mehr kosten als vorher: „Gurken, Tomaten und Kräuter wie Petersilie, Schnittlauch, Fenchel und Dill baue ich selbst an.“ Das reißt es nicht heraus, ist aber doch eine kleine Ersparnis. Die gestiegenen Kosten auf die Gäste umzulegen, ist für Baumgärtels nicht die einfache Lösung: „Das können wir nicht machen. Die Leute würden nie wiederkommen.“ Nur der Preis fürs Bier wurde leicht angehoben. „Die Preiserhöhungen haben sich für uns schon im letzten Jahr abgezeichnet“, sagt Astrid Peiker, die Chefin der Glückauf-Brauerei Gersdorf. „Die Tonne Malz kostet inzwischen 300 Euro mehr.“ Das bedeutet, dass sich der Preis nahezu verdoppelt hat. Für Peiker ist es trotzdem keine Option, nach günstigeren Lieferanten zu suchen und schnell zu wechseln. „Für die Qualität des Bieres sind die Rohstoffe wichtig.“ Daran zu sparen, wäre für sie der falsche Weg. Und gerade in der jetzigen Situation empfindet Peiker, dass sich die langjährige Zusammenarbeit mit Lieferanten auszahlt, weil es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt. Doch die Preiserhöhungen machen sich in der Brauerei auf breiter Front bemerkbar. Das reicht von Öl und Kraftstoff für den eigenen Fuhrpark bis zu CO2 für die Produktion sowie Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Und am Ende sind noch nicht einmal die Preise das größte Problem: „Bei Produktionsmaterial wie Filterkerzen gibt es auch Lieferschwierigkeiten. Wir müssen wieder langfristiger planen und mehr Ersatzteile auf Lager halten. Das bindet Geld.“ Für Menschen mit wenig Geld ist Uwe Semmler eine gute Adresse. Doch auch Gutbetuchte schauen gern vorbei. Seit 1998 betreibt der 63-Jährige seinen Imbiss „Ambulante Gastronomie“. Angefangen hatte er einst auf dem Zillplatz in Hohenstein. Später war er auf Wochenmärkten und Volksfesten unterwegs. Inzwischen steht er wieder auf dem Zillplatz. „Wenn das Frittierfett zu teuer wird, dann bleibt die Fritteuse aus“, verkündet er ungerührt. Doch so leichtfertig, wie er das dahinsagt, macht er es doch nicht. Noch sind die üblichen Sattmacher und Durstlöscher komplett im Angebot. Die reichen von Pommes und Bratwurst über Kaffee und Tee bis hin zu Fischbrötchen. Um dieses Sortiment anbieten zu können, ohne Verluste zu machen, musste Uwe Semmler jedoch die Preise erhöhen. „Die Kundschaft hat dafür Verständnis und kommt trotz Preiserhöhung an den Stand. Wichtig ist an so einem Imbiss ja auch die Kommunikation. Die Leute wollen reden. Über den Ukraine-Krieg, die Mängel in der Wirtschaft und in der Politik.“ Für Uwe Semmler sind die aktuell steigenden Kosten nur ein Problem in einer insgesamt angespannten Branche: „Es war immer schon schwierig und es gab immer auch die Überlegung, aufzugeben.“ Doch die Freude an der eigenen Arbeit lassen sich Gastronom, Brauereichefin und Imbiss-Mann nicht nehmen. Und so blüht Astrid Peiker bei der Frage nach der morgigen Glückauf-Wanderung auf die Oelsnitzer Deutschlandschachthalde förmlich auf: „Ich freue mich sehr darauf. Das gibt Auftrieb, wenn die Leute kommen.“ Bildtext: Bernd Baumgärtel hält seine Preise trotz gestiegener Einkaufspreise. Er fürchtet, sonst seine Gäste zu verlieren. Bildtext: Für Astrid Peiker, Chefin der Glückauf-Brauerei Gersdorf, hat die Qualität der Produkte Priorität. Auf weniger hochwertige Zutaten umzusteigen, ist für sie deshalb auch bei Preiserhöhungen keine Option.

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