WM als Endspurt, nicht als Endstation

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Nico Ihle beißt die Zähne zusammen. Das muss er auch bei der WM in Hamar, vier Sprints an zwei Tagen sind ein hartes Programm.

Eisschnellläufer Nico Ihle peilt bei seiner bereits zwölften Sprint-WM einen Platz unter den Top Ten an. Es wäre ein versöhnliches Saisonende für den Routinier vom EC Chemnitz, dem es an Motivation nach wie vor nicht mangelt.

Inzell/Chemnitz – In Hamar beginnt am Donnerstag die Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft. Für Nico Ihle, der sich auf dem schnellen Eis in der Max-Aicher-Arena von Inzell den letzten Schliff dafür holte, ist es der Endpunkt der Saison. Die Endstation seiner Karriere ist es jedoch nicht. Diese wird der 36-Jährige vom EC Chemnitz fortsetzen. „Mein Weg wird so sein, dass ich das kommende Jahr auf jeden Fall noch dranhänge“, verriet Nico Ihle am Montag. Einen Tag später saß er im Flugzeug nach Oslo.

Etwa 130 Kilometer nördlich der norwegischen Hauptstadt werden im Vikingskipet, dem Wikingerschiff von Hamar, Medaillen im Mehrkampf, im Sprint-Vierkampf und im Teamsprint vergeben. Die deutschen Farben bei den Kurzstrecken vertreten nach der Absage von Peking-Starter Joel Dufter (Inzell) die beiden jungen Erfurter Moritz Klein (21) und Hendrik Dombek (24) sowie Nico Ihle. Und dieser will sich mit einem guten Gefühl und einer guten Platzierung aus der Saison verabschieden. „Ich würde zufrieden nach Hause reisen, wenn ich unter den Top Ten einkomme“, sagt der Sachse. Für den Routinier ist es bereits die zwölfte Sprint-Weltmeisterschaft. „Das ist echt der Wahnsinn, zumal die WM nicht jedes Jahr stattgefunden hat“, überlegt Nico Ihle. Aber er hat mitgezählt : „Bei den bisherigen elf Weltmeisterschaften bin ich siebenmal unter den besten zehn eingekommen. Das wieder zu schaffen, wäre ein toller Abschluss der Saison.“

Eine Saison, in der es bisher nicht sonderlich gut lief. Im Weltcup kam er erst spät besser in Schwung, doch die Olympischen Spiele fanden ohne ihn statt. Auch das dürfte mit ein Grund dafür sein, weshalb der 500-Meter-Vizeweltmeister von 2017 zur Stange halten möchte.

„Dabei muss aber der Verband mitspielen. Ich brauche gewisse Freiräume, möchte wieder mehr im Chemnitz bei meinem Bruder Denny trainieren. Damit bin ich im privaten Bereich flexibler“, sagte der Vater dreier Kinder, der mit seiner Familie in Lichtenstein wohnt. Dass sich die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft dem verschießt, ist nicht anzunehmen. Die Athletendecke in der Spitze ist dünn genug. Zudem ist die neue Eisbahn im Chemnitzer Küchwald nach gut eineinhalb Jahren Bauzeit seit dem vergangenen Oktober wieder eine Trainingsoption – wenn auch immer noch nicht überdacht. „Wenn es nötig ist, kann ich immer noch schnell in die Halle nach Erfurt fahren“, meint Nico Ihle, der sich auch körperlich noch leistungsstark fühlt: „Mir geht es richtig gut. Ich habe keine Gebrechen oder Schmerzen, bei denen ich sagen würde: Es hat keinen Sinn mehr, weiterzumachen.“

Also wird der Sportsoldat weiter seine Runden drehen. An Motivation hat es dem dreifachen Weltcupsieger ohnehin nie gefehlt. Die Freude am Wettkampf und der Kurvenhatz half ihm, sich trotz des verpassten vierten Olympiastarts auf die WM zu fokussieren. So schrieb sich Nico Ihle nach der EM im Januar selbst einen Trainingsplan, in dem er sich kleine Zwischenziele setzte. „Ich möchte bei der Weltmeisterschaft noch einmal gut sein. Das motiviert mich, und ich hatte auch keinen Durchhänger“, meinte der Eissprinter. Auch das Wetter spielte mit – ein nicht unerheblicher Faktor auf der Freiluftbahn. „Ich musste in den letzten acht Wochen, in denen ich mich – außer bei ein, zwei Abstechern nach Erfurt – zu Hause vorbereitet habe, kein einziges Training absagen. Klar, wir hatten Sturm, aber das war denn eben so etwas Ähnliches wie Widerstandsläufe“, erzählte er.

Schwer wird es auch in Hamar. Im Vierkampf gilt es, sich der Kräfte gut einzuteilen. „Vor allem der zweite Tag ist hart. Da musst du gut regenerieren, damit du auf den 500 Metern noch schnellkräftig bist und über 1000 Meter noch ins Zeil kommst“, blickt Nico Ihle voraus. Eine Prognose über Favoriten und Konkurrenten fällt ihm daher schwer, da nach Olympia die Karten neu gemischt werden. „Da ist vieles offen“, sagte der mehrfache Deutsche Meister vor seinem Saisonhalali. Für das Weltcupfinale in Heerenveen eine Woche später ist er nicht qualifiziert. Allerdings findet die Einzelstrecken-WM im Frühling 2023 im niederländischen Eisschnelllauf-Mekka statt. „Dort habe ich beim Viking-Race mein erstes internationales Rennen als Junior gemacht. Das wäre doch auch kein schlechter Abschluss“, sagt Nico Ihle.

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Foto: Imago/ANP
Artikel von Thomas Treptow